Prof. Dr. Horst-Jürgen Gerigk
Prof. Dr. Horst-Jürgen Gerigk

Vortrag vom 13. Mai 2016 in Baden-Baden 
auf Einladung der Deutschen Turgenjew-Gesellchaft 
zum Thema „Turgenjew, der russische Europäer.“ 
Ort: Kassiansaal des Klosters Lichtenthal

 

 

Horst-Jürgen Gerigk 
(Universität Heidelberg)

 

 

Tom Stoppard und Turgenjew 
Ein Kommentar zur Dramentrilogie „The Coast of Utopia“

 

 

 

Vorbemerkung

 

Tom Stoppard ist ein englischer Schriftsteller, der 1937 geboren wurde und heute zu den populärsten Autoren seiner Zeit gehört, wenn auch noch kürzlich in unserer Wochenzeitung „Die Zeit“ darauf hingewiesen wurde: nur in Deutschland sei Tom Stoppard völlig unbekannt. Das mag übertrieben sein, denn wir alle haben doch den Film „Shakespeare in Love“ gesehen (1998, Regie: John Madden), dessen Drehbuch Tom Stoppard geschrieben hat, zusammen mit Marc Norman. 
Wie dem auch sei: Der Eintrag über Tom Stoppard in der „Wikipedia“ ist 14 Seiten lang. Der über Turgenjew hat nur 11 Seiten. Tolstoj hat 14 Seiten, Dostojewskij 32. Das heißt: Tom Stoppard kann sich sehen lassen. International. 1997 zum Ritter geschlagen. Jetzt also Sir Tom Stoppard.
2002 veröffentlicht er die Dramentrilogie „The Coast of Utopia“, die dann 2006 in einer überarbeiteten Fassung erscheint, die ich heute zugrunde lege. „Die Küste der Utopie“ – das klingt nach Schiff-Fahrt und offenem Meer. Und tatsächlich haben die drei einzelnen Dramen jeweils den Titel: Reise, Schiffbruch, Rettung – Voyage, Shipwreck, Salvage. Haben wir es also mit einer Schiffsreise zu tun? Keineswegs! 
Seit eh und je ist in der Weltliteratur das „Schiff“ eine Metapher für den „Staat“, ja für das Fahrzeug der Menschheit aus der Vergangenheit in die Zukunft. Man denke nur an die „Arche Noah“ in der Bibel oder an den vielleicht berümtesten aller Romane über eine Schiffsreise: Herman Melvilles „Moby Dick“ (1851). Alle Völker und Rassen sind bei Melville auf diesem Schiff versammelt, das von seinem Captain Ahab in den Untergang getrieben wird: bei der Jagd auf Moby Dick, den Weißen Wal, der schließlich Schiff und Mannschaft mit sich in die Tiefe reißt – bis auf den Erzähler Ishmael, der in einem Sarg über Wasser bleibt und uns dann alles berichtet. 
In Deutschland können wir auf Sebastian Brants „Das Narrenschiff“ verweisen, eine Versdichtung aus den Jahre 1494, die mit ihren 112 Kapiteln auf 447 Seiten alle Laster der Welt abhandelt. 
Eine überraschende amerikanische Variante liefert Katherine Anne Porter 1962 mit ihrem Roman „Ship of Fools“, nur wenig später verfilmt unter der Regie von Stanley Kramer mit Oskar Werner als Schiffsarzt und Vivian Leigh und Simone Signoret in den Hauptrollen. Thema: 1933 fährt ein deutsches Schiff von Vera Cruz nach Bremerhaven: als „das Schiff dieser Welt auf seiner Fahrt in die Ewigkeit“ – mit allen Schichten der Gesellschaft an Bord. Ein Passagier vermerkt: „If you look closely enough, you may even find yourself on board!“
In all diesen Beispielen ist das Schiff die Metapher für ein vom Kapitän regiertes Kollektiv, das die Repräsentanten der Menschheit beherbergt. Nach diesen Vorbemerkungen zur Metaphorik von Schiffsreise und möglichem Schiffbruch sind wir in der Lage, die Dramentrilogie Tom Stoppards unter die Lupe zu nehmen. 
Zuvor aber noch ein kurzes Wort zur Quellenlage, auf die ich später noch im Detail zurückkommen werde. In seiner Einführung hat Tom Stoppard selbst darauf hingewiesen, dass seiner Dramentrilogie „The Coast of Utopia“ die Forschungen Isaiah Berlins zugrunde liegen: nämlich die Essay-Sammlung „Russian Thinkers“, erschienen 1978, woraus er insbesondere den Essay über „Fathers and Children“ verarbeitet hat. Was Bakunin betrifft, so beruft sich Tom Stoppard zusätzlich auf E. H. Carrs „The Romantic Exiles“. Es ist Tom Stoppard also an einer sachgerechten Darstellung der Geschichte Russlands im 19. Jahrhundert gelegen. Und er lässt den tatsächlichen Verlauf der russischen Geschichte im 19. Jahrhundert zu einer Metapher für eine Schiffsreise werden, die an der Küste der Utopie ihr Ende und ihre Rettung findet. Das zumindest besagt der Titel: „The Coast of Utopia“.

 

 

Tom Stoppards Dramentrilogie

 

Sehen wir uns nun an, wie Tom Stoppard sein Projekt verwirklicht hat. Jeder der drei Teile gliedert sich in zwei Akte. Und jedem Teil ist eine Liste der handelnden Personen vorangestellt. Im Ersten Teil sind es 27, wobei „Personal, Partygäste und Musiker“ nicht mit eingerechnet werden. Im Zweiten Teil sind es 26, wobei „Personal, Revolutionäre und Leute auf der Strasse“ nicht mit eingerechnet werden. Im Dritten Teil sind es 41. Dieser Liste der handelnden Personen sind zum Zweiten und Dritten Teil Informationen zu Zeit und Schauplatz der Handlung vorangestellt. Zum Zweiten Teil lautet die Information:

 

„Die Handlung spielt zwischen1846 und 1852 in Sokolowo, einem Gutshof fünfzehn Meilen von Moskau entfernt; in Salzbrunn, Deutschland, in Paris, in Dresden und in Nizza.“

 

Zum Dritten Teil heißt es:

 

„Die Handlung spielt zwischen 1853 und 1865 in London und in Genf.“

 

Zum Ersten Teil werden diese Informationen nicht vorangestellt, sondern befinden sich als Nebentext zwischen den Dialogen. Der ersteTeil beginnt im Sommer 1833 und endet im Herbst 1844. Der ganze Erste Akt hat Bakunins Anwesen in Poremuchino zum Schauplatz,15 Meilen im Nordwesten Moskaus, mit Terrasse und Garten. Der zweite Akt spielt im Tiergarten Moskaus mit Kurkonzert im Hintergrund, dann in Belinskijs engem Zimmer, schließlich im Büro der Zeitschrift „Teleskop“ (Moskau) sowie kurz auf der „Isle of Wight“– und am Ende wieder in Poremuchino. Kurzum: fast alles findet in Russland statt, mit Diskussionen über Schelling und Fichte,wobei Tom Stoppard gleichzeitig als „Zwischen-Szene“
(Inter-Scene – January 1837) Puschkins Tod im Duell gestaltet 
(S. 102): ein Pistolenschuß ist zu hören, der Russland aus dem Schlummer der philosophischen Abstraktionen wecken sollte.

 

 

Isaiah Berlins „Russian Thinkers“

 

Wie bereits erwähnt, hat sich Tom Stoppard, was die historischen Fakten anbelangt, bei Isaiah Berlins „Russian Thinkers“ ausgiebig bedient, einer Essay-Sammlung, die aus zehn selbständigen Kapiteln besteht. Mit „Russland im Jahre 1848“ beginnt es; darauf folgt eine Abhandlung über Tolstojs „Krieg und Frieden“ unter dem Titel „Der Igel und der Fuchs“ (The Hedgehog and the Fox), woran Überlegungen zu „Herzens und Bakunins Begriff der Freiheit“ anschließen. Vier Essays über „Das bedeutsame Jahrzehnt 1838 bis 1848“ behandeln „Die Geburt der russischen Intelligentsia“, die „Deutsche Romantik in Petersburg und Moskau“, „Wissarion Belinskij“ und „Alexander Herzen“. Schließlich folgen zwei Abhandlungen über den „Russischen Populismus“ sowie über „Tolstoj und die Aufklärung“, bis zum Schluss Turgenjews Roman „Väter und Söhne“ abgehandelt wird. Es fällt auf, dass auch Karl Marx intensiv berücksichtigt wird. All dies findet seinen Niederschlag in Tom Stoppards „The Coast of Utopia.“ 
Allerdings steht in Tom Stoppards Trilogie Turgenjew im Vordergrund, was sich von Isaiah Berlins „Russian Thinkers“ nicht sagen lässt. Ja, Turgenjews Präsenz wird mit Fortschreiten der Trilogie immer nachhaltiger und bedeutsamer. Und doch entleiht sich Tom Stoppard gerade dafür ein wichtiges Argument bei Isaiah Berlin. In seinem Aufsatz über „Väter und Söhne“ erörtert Isaiah Berlin ausführlich, wie erstaunt, ja, wie entsetzt Turgenjew war angesichts der so unterschiedlichen Reaktion der russischen Öffentlichkeit auf die Gestalt des Basarow, der im Roman „Väter und Söhne“ im Zentrum des Geschehens steht .Wo immer er auftritt, vertritt Basarow – rhetorisch gekonnt und bewundert – den Materialismus und Nihilismus als Weltanschauung, beruft sich dabei auf Ludwig Büchners Schrift „Kraft und Stoff“, die bis heute als Bibel des Materialismus gilt. Ganz plötzlich aber verliebt sich Basarow Hals über Kopf und vergißt seine Weltanschauung, in der die „Liebe“ ja überhaupt keinen Platz hat. Ebenso plötzlich aber zieht er sich eine Blutvergiftung („Pyämie“) zu, an der er stirbt, denn er hat nicht nur mit Froschleichen unvorsichtig experimentiert und sich beim Sezieren verletzt. 
Man sieht: Turgenjews Konstruktion ist raffiniert und doch eindeutig: Materialismus und Nihilismus führen zu nichts, denn sie überspringen das Leben. Basarows Schicksal lässt dies anschaulich deutlich werden. 
Was aber macht die russische Öffentlichkeit mit dieser Konstruktion? Turgenjew erntet scharfe Kritik von links wie von rechts. Von links wird behauptet: er verhöhne mit dem Schicksal Basarows Materialismus und Naturwissenschaften, obwohl doch nur hier die positive Zukunft Russlands zu finden sei. Und von rechts wird behauptet, Turgenjew habe mit der Gestalt des Basarow dem Materialismus und Nihilismus ein derart seriöses Podest verschafft, dass man meinen könne, er selber vertrete mit Basarow seine eigene Meinung. 
Das heißt: Der ansonsten völlig unpolitische Autor Turgenjew sieht sich durch eine Gestalt seiner dichterischen Phantasie in die Zwangslage gebracht, politisch reagieren zu müssen – und das sowohl nach links wie auch nach rechts. 
Für Tolstoj, so Isaiah Berlin, existiere solch eine Zwangslage nicht. Da weiß man, woran man ist: Tolstoj schreibt als aggressiver und missionarischer Christ seine Traktate, darunter „Meine Beichte“, „Was ist Kunst?“ oder „Die Sklaverei unserer Zeit“. Desgleichen, auf seine Weise, Dostojewskij, der in seinen fünf großen Romanen wie auch im „Tagebuch eines Schriftstellers“ die Russische Orthodoxie verteidigt und den mosaischen Glauben, die römisch-katholische Kirche wie auch den Islam als jeweils falschen Glauben konsequent ablehnt. 
Turgenjew jedoch lässt sich innerhalb Russlands politisch nicht festlegen, er denkt und handelt als russischer Europäer im Geiste der westeuropäischen Aufklärung, gehört aber mit seiner liberalen Gesinnung zur „Partei“ all jener, die eine Verbesserung der Lebensbedingungen des einfachen Volkes anstreben: durch gewaltlose Revolution mit den Stichworten Bildung und Wissen, für die bei Turgenjew der russische Adel veranwortlich zeichnet. 
Das ist die Situation, in der sich Turgenjew, wie Isaiah Berlin ausführt, befindet. Und in genau dieser Situation wird Turgenjew von Tom Steppard auf die Bühne gebracht – in seiner Dramentrilogie „The Coast of Utopia“. Das heißt: Turgenjew befindet sich mit seiner Situation an der „Küste der Utopie“ – denn die Utopie, das ist die „Russische Revolution“, wie sie von Bakunin und Herzen angestrebt wird.

 

Tom Stoppards Turgenjew

 

Turgenjew ist es, dem dies von Anfang an klar ist. Und deshalb ist er die wahre Hauptperson in Tom Stoppards Dramentrilogie. Ja, Tom Stoppard lässt sich etwas einfallen, was bei Isaiah Berlin nicht vorkommt. Turgenjew unterhält sich bei Tom Stoppard mit Karl Marx, obwohl sich, wie wir wissen, Turgenjew und Karl Marx niemals begegnet sind. Beide haben übrigens, wie ich in meiner Turgenjew-Monografie von 2015 hervorgehoben habe, die gleichen Lebensdaten: Beide wurden 1818 geboren und starben 1883. Und beide starben im Ausland: Turgenjew in Bougival, Karl Marx in London -- allerdings aus ganz verschiedenen Gründen. 
Sehen wir uns das Gespräch zwischen Turgenjew und Karl Marx nun näher an. Zur Darstellungstechnik sei Folgendes vermerkt. Isaiha Berlin liefert einen wissenschaftlichen Diskurs. Tom Stoppard aber veranschaulicht in Dialogen, wobei den Dialogpartnern immer nur Worte in den Mund gelegt werden, die sie tatsächlich gesagt haben oder gesagt haben könnten. Man nennt das heute eine „Doku-Fiktion“.Wir befinden uns im Ersten Akt des Zweiten Teils (= „Schiffbruch“). Zeit und Ort: März 1848. Paris – Place de la Concorde. Und natürlich hat diese Szene in der Wirtklichkeit nie stattgefunden. Tom Stoppard hat sie erfunden. Beteiligte Personen: Bakunin, Karl Marx, Turgenjew sowie der deutsche Dichter Georg Herwegh mit seiner Frau Emma. Was geschieht? Bakunin hat soeben Karl Marx auf der Strasse getroffen, der das Kommunistische Manifest in deutscher Sprache, erschienen in London, als gelb eingeschlagenes Buch mitbringt (wie es dem Original entspricht). Das erste Exemplar! Turgenjew ist erstaunt. Es entspinnt sich folgender Dialog:

 

Bakunin: Marx! Wer hätte das gedacht?

 

Marx: Es musste ja so kommen. Ich habe es erwartet.

 

Bakunin: Warum haben Sie mir das nicht gesagt? Immer werden wir uns daran erinnern, wo wir waren, als Frankreich wieder zur Republik wurde!

 

Marx: Ich war in Brüssel, wo ich auf das erste Exemplar des Kommunistischen Manifests wartete, frisch aus der Druckerpresse.

 

Bakunin: Ich war ebenfalls in Brüssel und wartete auf „La Reforme“ mit meinem offenen Brief an die Französische Regierung.

 

Turgenjew: Nein! Ich war in Brüssel! ... „Der Barbier von Sevilla“ ... Darf ich mal heineinschauen?

(Marx gibt ihm das Buch.)

Bakunin: Ich habe in den Kasernen der Republikanischen Wachtleute gelebt. Sie werden es nicht glauben, aber da bin ich das erstemal mit Leuten des Proletariats in Berührung gekommen.

Marx: Wirklich? Und wie waren diese Leute? 

Bakunin: Ich habe niemals vorher solche Würde und Vornehmheit kennengelernt.

Turgenjew (liest auf Deutsch): „Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Kommunismus“.

 

Bakunin: Ich war jeden Tag zwanzig Stunden auf den Beinen und habe Rebellion und Vernichtung gepredigt.

 

Marx: Der Polizeiprefekt sagt, noch dreihundert Mann mehr von Ihrer Sorte, und Frankreich ist unregierbar.

 

Marx (zu Turgenjew): Sie sind ein Schriftsteller. Denken Sie, dass das „Gespenst des Kommunismus“ etwas Lächerliches ist? Ich möchte nicht, dass der Eindruck entsteht, der Kommunismus sei tot.

 

(Herwegh kommt hinzu in einer rot-schwarzen und goldenen Militär-Unifom, die an eine komische Oper erinnert.)

 

Marx (zu Turgenjew): Können Sie Englisch? 

 

Turgenjew: ZiemIlich gut.

 

Marx: Sie könnten das also übersetzen. 

 

Turgenjew: Lassen Sie mich sehen. (Dann auf Englisch) „A ghost … a phantom is haunting Europe.“ 

 

Bakunin: Herwegh!

 

Herwegh (etwas verlegen): Was meinen Sie?

 

Bakunin: Sehr nett. Sind Sie ein Freimaurer? 

 

Herwegh: Nein – ich habe das Kommando über eine Brigade Deutscher Demokratischer Exulanten. Wir werden in Baden einmarschieren.

 

Bakunin: Den ganzen Weg nach Deutschland zu Fuß? 

 

Herwegh: Nein, nein. Bis zur Grenze mit dem Zug. Ich habe sechshundert Fahrkarten.

 

Turgenjew: Hat die französische Regierung Ihnen das Geld dafür gegeben?

 

Herwegh: Ja, woher wissen Sie das? 

 

Bakunin: Das ist wunderbar! 

 

Herwegh: Emma hatte die Idee. 

 

Turgenjew: Ich wusste, Sie waren nie wirklich ein Dichter. Nie nur ein Dichter. Haben Sie militärische Erfahrung?

 

Herwegh: Emma meint, ob du ein Dichter bist oder ein Revolutionär, ein Genie ist immer ein Genie.

 

Bakunin: Sie hat recht. Man denke nur an Byron. 

 

Herwegh: Byron hat viel zu viel geschrieben, wenn man ehrlich ist.

 

(Turgenjew widmet sich wieder dem Buch). (S. 164-165)

 

Diese Szene ist typisch für Tom Stoppards gesamte Trilogie und kann als Musterbeispiel gelten. Alle denken sie an die Revolution, reden aber aneinander vorbei, weil jeder nur sich selbst im Sinne hat. Ein gemeinsames Handeln wird auf diese Weise unmöglich. Der ruhende Pol in dieser aufgeregten Debatte ist Turgenjew: Er sieht sich in Brüssel den „Barbier von Sevilla“ an und vertieft sich nun hier in Paris in die Lektüre des Kommunistischen Manifests, die allerdings von Marx selber gestört wird, weil er Turgenjew um eine englische Übersetzung bittet. Turgenjew hält sich bedeckt, lässt sich nicht dazu herbei, sich zu ereifern, ohne jedoch eine Gegenposition zu beziehen. Der rote Faden der Ironie durchzieht die Trilogie von Anfang bis Ende. Tom Stoppard ist zweifellos ein bleibender literarischer Beitrag zum Thema „Ideologie und Utopie“ gelungen, das 1929 von Karl Mannheim seine inzwischen klassische soziologische Fundierung erhalten hat. 
Von 1833 bis 1868: Tom Stoppard lässt sie alle antreten und führt sie uns vor, indem er sie zu Wort kommen lässt: Bakunin, Stankjewitsch, Belinskij, Herzen, Sazonow, Ogarjow, Polewoj, Granowskij, Tschaadajew, Schewyrjow, Konstantin Aksakow, Sleptzow, Tschernyschewskij sowie Karl Marx und Arnold Ruge und die deutschen Dichter Gottfried Kinkel und Georg Herwegh – und, nicht zuletzt, als Stimme der Vernunft und Besonnenheit: Turgenjew. 
Es fällt auf: Der russische Zar als der Kapitän des „Staats-Schiffs“, das die Metapher des Titels der Trilogie evoziert, tritt nicht auf. Unterwegs und vor unseren Augen präsent sind ausschließlich die Anhänger der Revolte, denen allerdings nur die Hoffnung der angesteuerten Utopie bleibt. Das ist die Sinnbewegung, die Tom Stoppard veranschaulicht. 
Als regelrechte Vorübung zur Dramentrilogie „The Coast of Utopia“ darf Tom Stoppards Bühnenstück „Travesties“ von 1975 gelten, worin Lenin, zusammen mit James Joyce und dem Dadaisten Tristan Tzara, auf die Bühne gebracht wird. 
Werfen wir nun abschließend einen Blick auf die großen Auftritte Turgenjews im Dritten und letzten Teil der Trilogie. Tom Stoppard setzt in diesem letzten Teil mehrere herausragende Pointen. So berichtet etwa Turgenjew, dass er in Paris D'Anthes, den Mörder Puschkins, getroffen hat. Wörtlich heißt es:

 

Turgenjew: Und letzte Woche in Paris, da habe ich D'Anthes getroffen, den Mann, der Puschkin getötet hat, Sie können nicht ahnen, wo. Beim Dinner in der Russischen Botschaft.

 

Ogarjow: Haben Sie den Raum verlassen?

 

Turgenjew: Verlassen? Nein. Hätte ich eigentlich, Ich dachte aber nicht daran. Sollten wir nicht lieber ins Haus gehen? Es ist so feucht hier. 

 

Herzen: Drinnen ist es auch feucht. Ist etwas mit Ihnen?

 

Turgejew: Wie könnten Sie das wissen. Sie haben nicht meine Blase.

 

Ogarjow: Wie lange waren Sie in Paris?

 

Turgenjew: Nicht der Rede wert. Ich war – auf dem Lande, auf der Jagd. (Zu Ogarjow) Ja, mit meinen Freunden, den Viardots.

 

Ogarjow: Es gibt Gerüchte, wie Sie wissen, dass sie Sie nie an sich rangelassen hat ... Das ist skandalös!

 

(Ogarjow begibt sich ins Haus.)

 

Turgenjew: Was ist los mit ihm?

 

Herzen: Er braucht einen Drink.

 

Turgenjew: Glaube ich nicht.

 

Herzen: Was gibt’s Neues von Zuhause?

 

Turgenjew: Ich werde meinen neuen Roman Katkow anbieten.

 

Herzen: Dem „Russischen Boten“? Alle werden denken, Sie hätten sich dem Lager der Reaktion angeschlossen.

 

Turgenjew: Das kann ich nicht ändern. Sie haben doch bestimmt mitgekriegt, was die Rabauken (engl. „thugs“) Dobroljubow und Tschernyschewskij dem „Sowremennik“ angetan haben. Ich habe meine Würde bewahrt ... Ich war es, der, wie Sie wissen, Tschernyschewskij verteidigt hat, als er mit seiner Entdeckung aufkreuzte, dass man einen gemalten Apfel nicht essen kann und dass deshalb die Kunst nur eine arme Verwandte des Lebens sei. Ich sagte mir, dieser Mann ist infantil und bigott, hat aber etwas zur Sprache gebracht, das typisch ist für unsere Zeit; und ich lud ihn ein zum Mittagessen und hinderte ihn auch nicht daran, anläßlich meiner letzten Erzählung auf mich einzudreschen, weil ich einen unentschlossenen Liebhaber geschildert hatte! Natürlich hielt er ihn für „liberal“, was ja heute ein Schimpfwort ist wie „schwachsinnig“ oder „Heuchler“. (S. 296-297).

 

Zur Erläuterung sei in Erinnerung gebracht, es handelt sich hier um Turgenjews Erzählung „Asja“, worin ein junger Mann in der Begegnung mit der Freundin, die er liebt, nicht das rechte Wort finden kann, so dass sie auf Nimmerwiedersehen mit ihrem Stiefbruder abreist. Über diese Erzählung schrieb Tschernyschewskij seinen inzwischen berühmten Artikel „Der russische Mann beim Rendezvous“ (Russkij chelovek na 
rendez-vous), worin der „überflüssige Mensch“ (lishnij chelovek) als Zeiterscheinung soziologisch erörtert wird. 
Wiederum sollte mein ausführliches Zitat vor Augen führen, wie besonnen und freundlich Turgenjew auf böse Anspielungen und Beleidigungen reagiert, ohne dabei auf die objektive Schärfe seiner kritischen Argumente zu verzichten. Tom Stoppard ist sehr daran gelegen, dies anschaulich herauszuarbeiten. 
Eine höchst sonderbare Pointe setzt Tom Stoppard mit der Begegnung auf der „Isle of Wight“ zwischen Turgenjew und einem Arzt, den das Personenverzeichnis als einen „Nihilisten“ ohne Namen kennzeichnet. Die Begegnung zieht sich über sechs Seiten hin und verläuft ohne Zeugen (Stoppard 2006, S. 313-318). Ich will mich kurz fassen. 
Zeit: August 1860, Ort: Küste der Isle of Wight. Schönes Wetter. Russische Besucher gehen spazieren. Es wird Russisch gesprochen.Turgenjew sitzt auf einer Bank an der Promenade und liest ein Buch, das er mitgebracht hat. Nahebei liest ein junger Mann auf einer Bank die örtliche Wochenzeitung. Der Nebentext bezeichnet diesen jungen Mann als „Doktor“. Turgenjew sieht, dass der junge Mann seine Zeitung beiseite legt und spricht ihn an:

 

Turgenjew: Mein Herr – würden Sie mir bitte erlauben, einen Blick in Ihre Zeitung zu tun?

 

Der Doktor: Die können Sie behalten. Ich brauche sie nicht mehr.

 

(Der Tonfall des Doktors ist provozierend schroff.)

 

Turgenjew: Vielen Dank. Ich habe mein Exemplar weggeworfen und vergaß, dass da noch etwas war, das ich – Ah, hier steht es ..Und Sie brauchen das wirklich nicht mehr?, weil ...

 

(Turgenjew zieht ein kleines Taschenmesser aus seiner Jacke und schneidet sorgfältig aus der Zeitung etwas aus.)

 

Der Doktor (währenddesssen): Sind Sie Turgenjew?

 

Turgenjew: Ja, der bin ich.

 

Der Doktor: Ihr Name, da bin ich mir ziemlich sicher, steht in dieser Zeitung, in der Liste der berühmten Besucher. Wie konnten Sie wissen, dass ich ein Russe bin?

 

Turgenjew antwortet, dass im August eine kleine Stadt auf der „Isle of Wight“ immer zu einer russischen Kolonie werde, und fragt: „Wir sind uns doch schon einmal begegnet, nicht wahr?“

 

Der Doktor: Nein.

 

Turgenjew: In St. Petersburg?

 

Der Doktor: Das möchte ich bezweifeln. Ich bin nicht einer Ihrer literarischen … ich gehöre nicht zu Ihren Lesern. Ich lese Bücher, die von praktischem Nutzen sind.

 

Turgenjew: Wirklich? Es gibt Situationen ...wenn Sie aufs Meer blicken, die Natur genießen. 

 

Der Doktor: Natur? Die Natur ist nichts anderes als die Summe ihrer Fakten. Und was Sie genießen, nichts anderes als romantischer Egoismus. (Der Doktor wirft einen Blick auf Turgenjews Buch): Puschkin! So etwas ist für niemanden von Nutzen.Hören Sie auf damit. Ein guter Klempner ist soviel wert wie zwanzig Dichter.

 

Es entspinnt sich nun ein lebendiger Dialog, in dessen Verlauf der Doktor sich zu seinem Credo bekennt: „Nur die Autorität der Fakten. Alles andere ist Empfindsamkeit“ (Only the authority of facts. Everything else is sentimentality). 

 

Mit einem Wort: Turgenjew begegnet in diesem jungen Doktor der expliziten Weltanschauung seines Basarow und gibt sich alle nur erdenkliche Mühe, um Basarows Blick auf die Welt zu widerlegen. Das hat er dann in seinem Roman auf andere Weise getan, hier aber begegnet ihm seine eigene Erfindung plötzlich „in statu nascendi“ als lebendiger Mensch. Denn am Ende des Gesprächs sagt Turgenjew: „Ich weiß gar nicht, wie Sie heißen.“ Und der junge Doktor antwortet: „Nennen Sie mich Basarow“ (Call me Bazarov). 
Was sich Tom Stoppard hier einfallen ließ, verdient unsere höchste Aufmerksamkeit und sollte Schule machen. Was würde Dostojewskij sagen, wenn ihm plötzlich Raskolnikow in Petersburg auf der Straße begegnen würde? Was hätte Tolstoj gesagt, wenn sich plötzlich in einer Weinstube in Baden-Baden Anna Karenina neben ihn setzen würde? Es wäre wert, sich das auszumalen. Tom Stoppard hat es auf seine Weise getan, indem er Turgenjew mit dessen eigener Hauptperson konfrontiert, noch bevor sie im Roman auftreten kann. Und wir werfen einen fingierten Blick in die agierende Einbildungskraft des Dichters. 
Doch ich will mich nicht ablenken lassen. Zurück zur „Küste der Utopie“! Zum Schluss bringt Tom Stoppard einen Traum Alexander Herzens auf die Bühne. In diesem Traum stehen sich Turgenjew und Karl Marx gegenüber. Turgenjew sagt: 

 

„Dobroljubow hat mich im ,Sowremennik' einmal einen ,modischen Romancier' genannt, ,der im Schlepptau einer Sängerin für deren Applaus in provinziellen Theatern des Auslands sorgt.' Ich dachte, ich müsste mich auf die Sandwich-Inseln zurückziehen. Was meinen Sie dazu, Marx?“ 

 

Und Marx antwortet:

 

„Die Sandwich-Inseln? Wie auch Russland, und aus denselben Gründen, sind die Sandwich-Inseln völlig irrelevant. Als soziale Klasse gesehen, ist das Proletariat der Sandwich-Inseln bislang nicht von Bedeutung. Ich könnte Ihnen diese Inseln nicht empfehlen. Sie hätten keine Freude daran ... Aber mein dialektischer Materialismus wird die Sandwich-Inseln erreichen, und auch Russland. Keiner von uns wird lange genug leben, aber wenn mein dialektischer Materialismus siegt, dann wird es einen ruhmreichen Umsturz geben ... Die Industrialisierung entfremdet den Arbeiter mehr oder weniger von den Produkten seiner Leistung … bis Kapital und Arbeit in ihrem fatalen Widerspruch entlarvt werden. Dann wird es zum letzten großen Kampf kommen, zur letzten Drehung des großen Rades des Fortschritts, unter dem mehrere Generationen der arbeitenden Massen sterben müssen, bis zum endgültigen Sieg.“

 

Ich breche hier mein Zitat ab. Denn so geht es noch eine ganze halbe Seite weiter. Es wird deutlich: Marx hat Turgenjew gar nicht zugehört. Er monologisiert sofort ohne Ende. 

 

Und Herzen antwortet ihm (alles im Traum):

 

„Die Geschichte hat kein Ziel! Die Geschichte klopft jeden Augenblick an tausend Tore, und der Torhüter heißt Zufall.“

 

Aber Marx und Turgenjew hören ihm schon gar nicht mehr zu und setzen ihren Spaziergang fort. 
Als Herzen erwacht, stehen Ogarjow und Bakunin vor ihm, und er fragt, was die Nachwelt sagen wird, wenn sie erfährt, dass die Revolution nichts anderes vollbracht hat, als alles zu zerstören, weil sie schließlich gar nicht von den Radikalen getragen wurde, die verändern wollten, sondern von den Konservativen, die nur mit der Gegenwart unzufrieden waren. Und damit endet die Trilogie in einem offenen Schluss mit dem Satz Natascha Ogarjows (seiner Frau): „Ein Sturm wird kommen“ (There is going to be a storm). (S. 345-347)

 

 

Schlusswort

 

In „poetologischer“ Hinsicht bleibt festzustellen: Tom Stoppard hat mit „The Coast of Utopia“ die für das klassische Drama typische Einheit von Ort, Zeit und Handlung systematisch zertrümmert. Der Schauplatz wechselt ständig sowohl innerhalb Russlands als auch in Frankreich, England und der Schweiz. Und die Zeit springt ständig von 1833 bis 1868 in mehr oder weniger kurzen Abschnitten, die zudem nicht immer chronologisch aufeinander folgen. Und eine Handlung im strengen Sinne mit Vorgeschichte, Höhepunkt und Ende existiert nicht. Das heißt: Episoden werden unverbunden nebeneinander gestellt, deren Zusammenhang vom Zuschauer oder Leser erschlossen zu werden hat, denn Tom Stoppard umkreist das Thema „Revolution“ mit jeweils separaten Dialogen und liefert damit das „Psychogramm einer Idee“, denn alle Charaktere werden durch Nähe oder Ferne zu dieser Idee profiliert. Innerfiktional gibt es keinen Zusammenhang, der im Bewusstsein der dargestellten Charaktere vorhanden wäre oder sich einstellen würde. Und doch ist für uns, die Zuschauer oder Leser, ein Zusammenhang da: als „Küste der Utopie“, an der die gestalteten Diskussionen vom Autor Tom Stoppard ausgerichtet werden. 
Das totale Gegenteil einer solchen Poetik wäre etwa der „König Ödipus“ des Sophokles, wo die Einheit von Ort, Zeit und Handlung das Muster bildet. Es ist kein Zufall, dass Ernst Bloch in seiner Abhandlung „Philosophische Ansicht des Detektivromans“ den „König Ödipus“ des Sophokles als das Urbild des „Detektorischen“ kennzeichnet, worin der König erleben muss, dass er selber der Verbrecher ist, den er sucht, so dass jedes Detail mit der schließlichen Auflösung seine teleologische Funktion erhält. 
Tom Stoppards „The Coast of Utopia“ erfordert eine völllig andere Hermeneutik, zu der meine heutigen Ausführungen eine erste Grundlage zu liefern versuchten – mit Turgenjew als zentraler Reflexionsfigur, denn in der Begegnung mit ihm scheiden sich hier die Geister. 
Was aber, historisch gesehen, hinter der Poetik Tom Stoppards sichtbar wird, das ist die Poetik William Shakespeares mit ihren Ortswechseln, Zeitsprüngen und mehrsträngigen Handlungen. Auch sei daran erinnert, dass Tom Stoppard 1967 ein Bühnenstück mit dem Titel „Rosencrantz and Guildenstern are Dead“ veröffentlicht hat, das mit Shakespeares Personal freizügig umspringt und es neu kontextualisiert.

 

Zitierte Literatur

 

Berlin, Isaiah: Russian Thinkers. Edited by Henry Hardy and Aileen Kelly. With an Introduction by Aileen Kelly. Harmondsworth, Middlesex, England / New York: Penguin Books 1978.

 

Berlin, Isaiah, in: Wikipedia der freien Enzyklopädie (13 Seiten).

 

Bloch, Ernst: Philosophische Ansicht des Detektivromans. In: Bloch, Verfremdungen, Bd. I. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1968 (= Bibliothek Suhrkamp, Bd. 85), S. 37-63.

 

Gerigk, Horst-Jürgen: Turgenjew. Eine Einführung für den Leser von heute. Heidelberg: Universitätsverlag Winter 2015 (= Beiträge zur neueren Literaturgeschichte; Bd. 338).

 

Manger, Klaus: Das „Narrenschiff“. Entstehung, Wirkung und Deutung. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1983 (= Erträge der Forschung; Bd. 186).

 

Mannheim, Karl: Ideologie und Utopie (zuerst 1929). Mit einer Einführung von Jürgen Kaube. Frankfurt am Main: Klostermann 2015 (= Rote Reihe; Bd. 75). 

 

Melville, Herman: Moby-Dick. An Authoritative Text, Reviews and Letters by Melville, Analogues and Sources, Criticism. Edited by Harrison Hayford and Hershel Parker. New York: E. E. Norton & Company 1967 (= A Norton Critical Edition).

 

Porter, Katherine Anne: Ship of Fools. Boston: Little, Brown and Company 1962. Das Narrenschiff. Roman. Aus dem Amerikanischen übertragen von Susanna Redemacher. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1963. 

 

Stoppard, Tom: The Coast of Utopia. A Trilogy. Voyage, Shipwreck, Salvage. New York: Grove Press 2006. 

 

Stoppard, Tom: Travesties. London and Boston: Faber and Faber 1978.

 

Stoppard, Tom: Rosencrantz and Guildenstern are Dead. London and Boston: Faber and Faber 1967.

 

Stoppard, Tom, in: Wikipedia of the free envcyclopedia (14 Seiten).

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