Prof. Dr. Horst-Jürgen Gerigk
Prof. Dr. Horst-Jürgen Gerigk

Rezensionen

Horst-Jürgen Gerigk

 

Puschkin und die Welt unserer Träume. Zwölf Essays zur russischen Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts.


Ulm: Humboldt-Studienzentrum der Universität Ulm 2011 (= Bausteine zur Philosophie. Interdisziplinäre Schriftenreihe des Humboldt-Studienzentrums, Universität Ulm; Bd.30). 279 Seiten. 9,90 Euro.

ISBN 978 – 3 – 928579 – 28 – 5

 

Auslieferung: Humboldt-Studienzentrum, Universität Ulm, Albert-Einstein-Allee 11, 89081 Ulm.

 

Inhaltsverzeichnis

 

Rhein-Neckar-Zeitung, 30. Dezember 2011



Information zu „Puschkin und die Welt unserer Träume“

 

Puschkin und die Welt

Horst-Jürgen Gerigk: Puschkin und die Welt unserer Träume. Zwölf Essays zur russischen Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts. Mit einem Geleitwort von Renate Breuninger und Roman Jaremko. Ulm: Humboldt-Studienzentrum 2011 (= Bausteine zur Philosophie. Interdisziplinäre Schriftenreihe des Humboldt-Studienzentrums Universität Ulm, herausgegeben von Renate Breuninger, begründet von Klaus Giel; Band. 30), 279 Seiten. 9.90 Euro. ISBN 978 – 3928579285. Auslieferung: Humboldt – Studienzentrum, Universität Ulm, Albert-Einstein-Allee 11, 89081 Ulm.

Statt einer Literaturgeschichte werden einzelne Meisterwerle von Puschkin, Gogol, Turgenjew, Gontscharow, Dostojewskij, Tolstoj, Garschin, Tschechow, Belyj und Scholochow in detaillierter Interpretation vorgestellt. Das Resultat ist eine Einführung in die russische Literatur für den Leser von heute.
Abgehandelt werden die folgenden Werke: „Die Geschichten des verstorbenen Iwan Belkin“ (Puschkin), „Eugen Onegin“ (Puschkin), „Der steinerne Gast“ (Puschkin), „Der Revisor“ (Gogol), „Der Mantel“ (Gogol), „Drei Begegnungen“ /Turgenjew), „Oblomow“ (Gontscharow), „Aufzeichnungen aus einem Kellerloch“ (Dostojewskij), „Krieg und Frieden“ (Tolstoj), „Die rote Blume“ (Garschin), „Die Möwe“ (Tschechow), „Petersburg (Belyj) und „Der stille Don“ (Scholochow).
Kennzeichnend ist der durchgehend komparatistische Horizont. So wird etwa Puschkins Don Juan mit Rilkes Gedicht „Der Abenteuerer“ in Beziehung gesetzt, Gogols „Mantel“ mit E. T. A, Hoffmanns „Des Vetters Eckfenster“ und Turgenjews „Drei Begegnungen“ mit Johann Peter Hebels „Kannitverstan,“ Thomas Manns „Tonio Kröger“ und J. B. Priestleys „Ein Inspektor kommt.“ Als Überwindung des „agonalen Menschen“ rückt Gontscharows „Oblomow“ in engste Nachbarschaft mit Melvilles „Bartleby“ und Kafkas „Ein Hungerkünstler.“ Nietzsches Begriff des „ästhetischen Zustands“ fokussiert die Analyse von Tolstojs „Krieg und Frieden“, und eine traumatisierende Episode in Garschins „Roter Blume“ hat ihre Parallele in Edgar Allan Poes „Die Grube und das Pendel.“ Für Tschechows „Möwe“ kommt Kants Begriff des „empirischen“ Menschen (im Unterschied zum „intelligiblen“) zum Tragen. Als komparatistischer Glücksfall erweist sich die Tatsache, dass Andrej Belyj Charaktere und Handlung seines Romans „Petersburg“ in ausdrücklichem Rückbezug auf Nietzsches „Geburt der Tragödie“ konzipiert und durchgeführt hat, was im Detail zu beweisen war.
Alle zwölf Essays basieren mit ihrer Analyse auf der „anthropologischen Prämisse“ des jeweiligen literarischen Textes, einem Begriff, den der Verfasser in seiner Monographie „Entwurf einer Theorie des literarischen Gebildes“ (Berlin und New York: de Gruyter 1975) entwickelt hat. Im „Vorwort“ der vorliegenden Essay-Sammlung betont der Verfasser: „man ehrt einen Dichter nicht dadurch, dass man ihn lobt, sondern dadurch, dann man nachvollzieht, was er ‚gedichtet‘ hat. Dichten aber, wenn es gelungen ist, bedeutet immer auch Denken. Das Denken des Dichters allerdings vollzieht sich in Charakteren und Handlung als dargestellte Welt, während der Philosoph sein Medium in der Sache des Denkens findet.“

Rhein-Neckar-Zeitung, Heidelberg, Freitag, 30. Dezember 2011

 

Dichten bedeutet auch Denken

Der Heidelberger Slavist Horst-Jürgen Gerigk präsentiert in einem Essayband erneut seine Vertrautheit mit der russischen Literatur

Von Heide Seele

Der Einstieg ist von programmatischer Eindringlichkeit, denn der Autor macht klar, dass mit Puschkin Russlands Eintritt in die Weltliteratur begann, und der früh verstorbene Dichter rangiert denn auch am Beginn des komparatistisch ausgerichteten Buches. Horst-Jürgen Gerigk, seit 1974 als Professor für Russische Literatur und Allgemeine Literaturwissenschaft an der Universität Heidelberg lehrend und von 1998 bis 2004 Präsident der Internationalen Dostojewskij-Gesellschaft, breitet in seiner Untersuchung „Puschkin und die Welt unserer Träume" wieder profunde Erkenntnisse aus, und jeder der zwölf Essays, die einen ergiebigen Gang durch die russische Literatur ermöglichen, kann auch separat gelesen werden.

Gerigks Diktum heißt „Dichten bedeutet immer auch Denken”, und dieses Denken vollzieht sich in Charakteren und Handlung als dargestellte Welt. Dass die Wirklichkeit der Kunst zum Abenteuer der Interpretation provoziert, belegt der publikationsfreudige Heidelberger Slavist in seiner jüngsten Publikation einmal mehr.

Gerigk wählte Puschkin als Ausgangspunkt, weil in dessen Welt Träume eine herausragenden Rolle spielen, sei es bei Tatjana in „Eugen Onegin", sei es bei Grinjow in der „Hauptmannstochter" oder in der Erzählung „Pique Dame” (wie „Eugen Onegin” von Tschaikowski „veropert”). Der Traum weist einen Bezug zum Tod auf, es werden „Botschaften aus der Tiefe der Seele” (Gerigk) übermittelt.

Mit dieser Vorliebe für den Traum als Darstellungsmittel gibt sich Puschkin als Romantiker zu erkennen. Doch der angesehene vergleichende Literaturwissenschaftler geht über diesen Aspekt hinaus, indem er die Dichtungen Puschkins selbst als Träume einordnet und etwa „Pique Dame” die Struktur eines Traumspiels zuspricht. Er rückt das Werk des Russen ganz dicht an den Rezipienten heran, indem er seine These untermauert, dass es bei Puschkin auch um die Welt „unserer” Träume geht.

Ähnlich überzeugend verfährt Gerigk in seinen übrigen Essays, die Dichtern wie Gogol, Turgenjew, Gontscharow, Dostojewski, Tolstoij, Garschin, Tschechow gelten. Sie werden alle mit einem klassischen Text und einer eingehenden Analyse vorgestellt. Mit Scholochow („Der stille Don”) präsentiert der Interpret den einzigen sowjetischen Autor, und am Beispiel von. Andrej Belyj bestätigt sich die These der Editoren des Buches (Renate Breuninger und Roman Yaremko), die darauf verweisen, dass das geheimnisvolle Wesen der russischen Literatur von jeher auf die deutschen Philosophen einwirkte (Heidegger, Gadamer, Josef König, Walter Schulz, besonders aber auf Nietzsche), denn sie alle haben sich mit den großen Russen Turgenjew, Dostojewskij oder Tolstoi intensiv befasst.

Gerigk, der gegenwärtig die ehrenvolle Humboldtprofessur an der Universität Ulm wahrnimmt, gibt in seinem jüngsten Buch erneut fruchtbare Anstöße zur komparatistischen Auseinandersetzung mit Literatur und gestattet auch Raum für weiterführende Fragen.

Info: Horst-Jürgen Gerigk: „Puschkin und die Welt unserer Träume. Zwölf Essays zur russischen Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts”. Band 30 der Reihe „Bausteine zur Philosophie”, Humboldt-Studienzentrum der Universität Ulm. 279 S., 9,90 Euro.

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